Grauer Menhir in Öl

Grauer Menhir in Öl

Oliver R. Jordans Bilder von “Breiz” in Lippstadt
… Der 1958 in Essen geborene Künstler studierte u.a. bei Anatol Herzfeld und Joseph Beuys. Er arbeitete aber im traditionellen Genre der Ölmalerei. Er malt figürlich. Aber wie! Die Nahsicht auf seine Bilder läßt jeden Realismus verschwinden. Im Ausschnitt hat man eine wilde, abstrakt-expressive Malerei vor Augen, einen informellen Farbauftrag, bei dem die spontane Geste dominiert. Jordan, der ein Atelier in der Bretagne hat, studiert die steinzeitlichen Menhire und Dolmen zunächst, skizziert sie ausführlich. Aber die Gemälde entstehen im Atelier. Zunächst malt Jordan die Gegenstände, dann trägt er ganze Partien mit dem Spachtel ab, ehe er die Leinwand neu übermalt. Das Ergebnis sind komplex aufgebaute Bilder, zum Teil in monumentalen Formaten, die ihre Spannung aus Abstraktion und Dekonstruktion beziehen. Jede Oberflächenromantik wird buchstäblich zerkratzt, zerschnitten – es entsteht eine große atmosphärische Verdichtung.
Die Dialektik von planmäßigem Aufbau und spontaner (Teil-) Zerstörung verleiht den Bildern Eigengewicht – sie sind nicht illusionistische Vorspiegelungen, sie sind eigenständige Objekte. Jordan formuliert in einer Synthese zwischen den modernen Positionen eine Möglichkeit, nach dem oft konstatierten Ende des Tafelbildes weiterzumalen.
Ein Echo der Realität klingt auf – in der Lippstädter Ausstellung die der archaisch-mythischen Landschaft der Bretagne, sonst aber auch Stadtbilder aus Dortmund oder Porträts, Jordan ist da nicht festgelegt. Die nachklingende Gegenständlichkeit öffnet diese Malerei auch dem unbefangenen Kunstfreund, sie sind durchaus ansehbar, bereiten in ihrer dichten Stimmung ganz vordergründiges Vergnügen – jenseits aller Postkartenidylle. Spröde Landschaften, menschenleer, dafür erfüllt von Steinen und sturmgepeitschtem Wasser, von grau hängendem Himmel und einer Atmosphäre, deren Bewegungen in der bewegten Farbe fixiert wurden. Jordan malt sinnlich.

Ralf Stiftel, Westfälischer Anzeiger 2. September 1994

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